Energie digital ist genial!
Wenn Deutschland mit nachhaltiger Energieerzeugung unabhängig von fossilen Energieträgern werden will, braucht die Energiewelt Digitalisierung. Eine Energiewende mit Dynamik bei Erzeugung, Speicherung, Transport und Verbrauch ist kein Problem, wenn mit Digitalisierung und intelligenter Sensorik ein intensiver Datenaustausch in der nachhaltigen Energiewelt sichergestellt ist.
Vor gut 4 Wochen hatten wir zum ersten Mal mit einem Überblick zum Thema „Energiewende und Digitalisierung“ berichtet. Das Fazit: Es hapert überall – vor allem beim Smart-Meter Roll-Out. Die Behauptung, deutsche Bürgerinnen und Bürger wollten keine Digitalisierung und keine dynamischen Stromtarife – wie es Alt-Wirtschaftsminister Peter Altmaier behauptete – stimmt nicht: Eine Umfrage von bitkom e. V. kommt zu einem ganz anderen Schluss:
Die deutsche Bevölkerung will Digitalisierung
bitkom e. V. ist eine Vereinigung von mehr als 2000 Mitgliedsunternehmen aus dem IT-Bereich und der digitalen Ökonomie. Im April 2022 veröffentlichte der Verein eine Umfrage, an der mehr als tausend Bundesbürger*innen über 18 Jahren zu den Themen Digitalisierung und variable Stromtarife befragt wurden. Danach können sich 69 Prozent der Bundesbürger*innen die Nutzung dynamischer Stromtarife sehr wohl vorstellen. 80 Prozent der Deutschen geben an, dass sie ihr Verhalten in Bezug auf Strom angesichts des Klimawandels bereits geändert haben: Sie gehen bewusster damit um, haben auf Ökostromtarife umgestellt und versuchen Strom einzusparen. 79 Prozent der Umfrageteilnehmer gaben, an einen aktiven Beitrag zur Energiewende leisten zu wollen, wenn es denn möglich sei – zum Beispiel mit intelligent vernetzten Geräten, die sich dann einschalten, wenn viel Ökostrom im Netz ist. 62 Prozent der Umfrageteilnehmer bekundeten ihr Interesse an intelligenten Geräten, die sich einschalten, wenn Strom gerade günstig ist und mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer – 57 Prozent – interessierte sich für die Installation eines Smart Meters.
Andere europäische Staaten sind viel weiter als Deutschland
Spanien, Italien, Schweden und die Niederlande haben heute schon nahezu 100 % Smart-Meter-Abdeckung.
Spanien startete bereits 2006 den Smart Meter Rollout und erreichte 2018 mit 28 Millionen installierten Geräten die 100 Prozent-Abdeckung für Haushalte.
Italien begann 2001 mit dem Einbau von Smart Metern in Haushalten. Seit 2017 werden Geräte der ersten Generation durch neuere mit deutlich größerem Funktionsumfang ersetzt – die Verbreitungsquote liegt bei nahezu 100 Prozent.
In Schweden wurden ab 2002 Smart Meter verbaut. Seit 2009 gilt dies im Land als abgeschlossen.
In den Niederlanden scheiterte der erste Rolloutplan im Jahr 2008 an Bürgerprotesten. Nach regulatorischen Anpassungen lief er ab 2014 nahezu reibungslos und gilt seit 2021 mit einer Abdeckung von 95 Prozent als abgeschlossen.
Deutschland ist Schlusslicht
In Deutschland, dem Land der Energiewende, waren Anfang 2022 ganze 150.000 intelligente Messsysteme mit Smart Meter Gateway ausgestattet –das sind weniger als 1 % aller im Land verbauten Messstellen. Inzwischen bezeichnen Fachleuten den Smart Meter-Rollout hierzulande als „zum Erliegen gekommen“. Dabei sind genau diese intelligenten Messstellen das „A“ und das „O“ der Energiewende. Sie sind Fühler und Datenlieferanten der erneuerbaren Energieversorgung. Auf Basis der von ihnen ermittelten und kommunizierten Daten werden lokales, regionales und überregionales Energiemanagement aus Erzeugung, Speicherung und Verbrauch in Verbindung mit Wetterdaten kontinuierlich aufeinander abgestimmt. So entsteht eine sichere, zuverlässige, dezentrale und dynamische Versorgung – wenn die Digitalisierung abgeschlossen ist. Deutschland aber diskutiert über mögliche Gefahren und Chancen verstreichen. Aktuell wird wieder öffentlich über eine Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken diskutiert – sogar über das Absenken der Sicherheitsstandards wird laut nachgedacht. Ein beherztes Vorwärtsgehen bei der Digitalisierung der Energiewelt ist nachhaltig und viele Menschen würden profitieren. Andere europäische Länder haben die Digitalisierung erfolgreich abgeschlossen. Die Deutschen wollen die Digitalisierung – siehe die Umfrage. Es stellt sich die Frage, wer oder was beim Thema Digitalisierung quer im Stall steht und blockiert?