Ein neuer Freund und Helfer für Stromkunden
Energieservice-Anbieter für Anschlussinhaber – kurz: ESA: Diese neue Energiemarkt-Rolle sieht der Gesetzgeber ab dem 1. April 2022 vor. Doch was können und sollen ESA leisten? Wie profitieren die Endkunden auf dem Strommarkt davon? Und wie positioniert sich STROMDAO zu dieser neuen Rolle? Das wollen wir in unserer Artikelserie näher beleuchten. Im ersten Teil werfen wir einen Blick auf die Herausforderungen des Strommarktes, wie wir ihnen mit intelligenter Technologie begegnen können und welches ESA-Portfolio STROMDAO bereits bietet.
Die Energiepreise explodieren
Das sollte für jeden, der in den letzten Wochen und Monaten eine Tankstelle angefahren hat, kein Geheimnis mehr sein. Nach Jahren der günstigen, an den Strombörsen teilweise zu Negativpreisen gehandelten Energie erleben wir auf dem Strommarkt aktuell eine noch drastischere Apokalypse: Insgesamt hat sich der Erzeugungspreis für eine Megawattstunde vom Dezember 2020 (42,67 €) bis zum Dezember 2021 (240,24 €) nahezu verfünffacht. Der Grund für diese Preisexplosion liegt neben der Verteuerung der CO2-Bepreisung vor allem in den massiv gestiegenen Beschaffungskosten für fossile Brennstoffe. Die Stromanbieter geben den Preisanstieg in immer stärkerem Umfang an ihre Kunden weiter, wenn sie nicht gleich ganz die Segel streichen und Verbrauchern ihre Verträge kündigen, wie kürzlich besonders spektakulär StromIO.
Dieser Preisschock ist jedoch nicht der einzige Weckruf – und vielleicht nicht einmal der Lauteste: Extremwetterlagen, Fluten und lang anhaltende Trockenheit selbst in sonst regenreichen Regionen sind Boten eines Klimawandels, der das Gesicht unseres Planeten nachhaltig verändern, einen großen Teil der Menschheit um ihre Existenz bringen wird – wenn wir nicht gegensteuern.
Umdenken – und zwar jetzt!
Viele Stromkunden – Unternehmen ebenso wie Privathaushalte – haben diese Weckrufe bereits vernommen: Sie wollen ihren Stromverbrauch reduzieren, möglichst in Echtzeit auf Entwicklungen auf dem Strommarkt reagieren und natürlich lieber heute als morgen auf nachhaltige erneuerbare Energie umsteigen – nicht nur aus Sorge um die Umwelt: Erneuerbare Energien sind nicht bedroht von geopolitischen Krisen und können nicht von autokratischen Regimen als wirtschaftliche Waffe eingesetzt werden; als Treibstoff für die Elektromobilität entlasten sie nicht nur das Klima, sondern auch die Luftqualität der Innenstädte. Vor allem jedoch schreiben Sonne, Wind, Wasser oder Erdwärme keine eigenen Rechnungen, sodass ein kontinuierlicher Ausbau diese Energieformen langfristig mindestens preisstabil hält: So sind die Stromentstehungskosten für alternative Energien zwischen 2010 und 2019 je nach Art um bis zu 89 Prozent gesunken, stellt die International Renewable Energy Agency (IRENA) fest. Und auch das Fraunhofer-Institut sagt in einer aktuellen Studie zur Entwicklung der Stromentstehungskosten bis ins Jahr 2040 zumindest stabile oder weiter sinkende Kosten voraus.
Ein Umstieg rechnet sich also für die Umwelt und den Geldbeutel, zumindest theoretisch. Die Nachfrage ist daher groß. Entsprechend hat heute praktisch jeder Stromanbieter mindestens einen „nachhaltigen Tarif“ im Angebot, der mit Strom aus erneuerbaren Quellen lockt. Und Tarif- ebenso wie Anbieterwechsel lassen sich heute online mit wenigen Mausklicks erledigen.
Nachhaltiges, kosteneffizientes Energiemanagement ist heute also für jedermann möglich? Nicht so voreilig!
It’s a jungle out there! – Unterwegs im Strommarkt-Dickicht
Auf dem Weg in unsere persönliche Energiewende liegen zahlreiche Stolpersteine – nicht zuletzt ein Strommarkt, auf dem Stromerzeuger, Stromanbieter, Strombörsen und Netzbetreiber ein für Außenstehende kaum zu durchdringendes Netzwerk bilden, deren Player vorrangig im Sinne ihrer eigenen geschäftlichen Interessen handeln. Stromtarife bilden einen Dschungel, gegen den jede Machete machtlos ist. Und selbst wenn man die geeigneten Produkte gefunden hat, fressen die versteckten Folgekosten jeden Zugewinn rasch wieder auf: Was nützt es euch zum Beispiel, neben eurem Haushaltsstrom auch einen Tarif für die Elektromobilität gefunden zu haben, wenn ihr dazu die Stromkreise trennen und einen eigenen Zähler installieren müsst? Schon für Hausbesitzer ist das ein Kostenproblem, für Besitzer von Eigentumswohnungen oder gar Mieter vermutlich eine unüberwindbare Hürde.
Stromkunden – insbesondere in Privathaushalten, aber auch in kleinen und mittelständischen Unternehmen – fühlen sich diesem Dickicht schutzlos ausgeliefert. Ihnen fehlt das notwendige Wissen – oder es wird ihnen bewusst vorenthalten. Zudem müssen sie Energie kaufen, wenn sie diese benötigen. Nur in den Sommermonaten zu heizen, weil es besonders billig ist, macht ebenso wenig Sinn, wie die Produktion in Betrieben nach dem Strompreis auszurichten – sofern ein zeit- und lastenorientierter Tarif überhaupt zur Verfügung steht.
Doch nicht nur draußen lauern die Stolpersteine: Unternehmen und Privathaushalte sehen sich zudem der Herausforderung gegenüber, dass sie kein besonders gutes oder gar ganzheitliches Bild von ihrem Energiebedarf haben.
Als Privatkunden könnt ihr sicher ein Lied davon singen: Einmal im Jahr kommt der Stromableser und ihr erhaltet eine Jahresabrechnung. Doch Antworten darauf, warum euer Stromverbrauch so hoch ist, obwohl ihr doch auf LED-Lampen umgestiegen seid und einen besonders energiesparenden Kühlschrank gekauft habt, findet ihr darin nicht.
Um Lastspitzen, Engpässe, Stromfresser und vieles mehr aufzuspüren, braucht ihr ein sehr viel genaueres Bild – also mehr Daten. Diese Daten müssen nicht nur erfasst, sondern auch aufbereitet, fachkundig analysiert und in Handlungsalternativen übersetzt werden – das ist Spezialistenwissen, das vielleicht großen Unternehmen mit eigenen Energiemanagern zur Verfügung steht, jedoch weder in kleinen bzw. mittelständischen Unternehmen noch in Privathaushalten vorhanden ist.
Doch beginnen wir von vorne: Wie lassen sich die notwendigen Daten gewinnen und im Sinne der Endkunden auswerten?
Smart Metering: Daten sind das neue Öl
In vielen Häusern hängen sie noch, die alten elektromechanischen Stromzähler mit ihrem analogen Zählwerk. Ob gerade viel oder wenig Strom verbraucht wird, zeigt einzig das sich drehende Rad mit der roten Markierung. Wirklich hilfreich ist das nicht. Und als Datenlieferant für Tarifentscheidungen oder eine Steuerung in Echtzeit taugen diese Zähler erst recht nicht.
Deswegen laufen bereits seit mehr als einem Jahrzehnt die Entwicklungsarbeiten für eine Technologie, die mehr möglich machen soll: Das Smart Metering digitalisiert die Stromverbrauchserfassung. Aktuell befindet sich diese Technologie in einer Roll-out-Phase, die zunächst Unternehmen und Haushalte mit einem Mindestverbrauch von 6.000 kWh pro Jahr versorgt.
Doch was genau ermitteln diese digitalen Stromzähler? Vorrangig fügen sie der Erfassung des Stromverbrauchs eine zeitliche Komponente hinzu: Es wird jetzt nicht mehr nur der Gesamtverbrauch über einen bestimmten Zeitraum erfasst, also etwa von Ablesungstermin zu Ablesungstermin, sondern das System liefert zeitnah detaillierte Informationen dazu, wann wie viel Strom verbraucht wird – und idealerweise auch wo.
Diese Daten lassen sich dann mit anderen Informationen in Korrelation setzen: Erste Pilotprojekte, wie sie Stromanbieter im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts durchführten, stellten Verbrauchern ein Display zur Verfügung, das ihnen ihren Ist-Verbrauch sowie den aktuellen Strompreis anzeigte.
Heute leisten die Smart Meter eine Menge mehr: Messstellenbetreiber nutzen ihre Daten nicht nur für eine genauere Verbrauchsabrechnung. Smart Meter spielen darüber hinaus eine wichtige Rolle für jene Verbraucher (sogenannte Prosumer), die (beispielsweise über Solarzellen auf ihrem Dach) selbst einen Teil ihres Stroms produzieren, bzw. die überschüssige Produktion ins Netz einspeisen. Auch das muss genau erfasst werden.
Daten sind das neue Öl: Das gilt auch für die Energiewirtschaft. Doch vom Rohöl zum Treibstoff im Tank ist es ein weiter Weg; ähnlich ist es mit den Daten. Zwar erlauben Smart Meter, diese Daten zu fördern. Und entsprechende Schnittstellen, die Smart Meter Gateways, erlauben – Pipelines gleich – diese Daten weiterzugeben.
Doch wer macht aus dem Roh- einen Treibstoff für wirtschaftliche Entscheidungen im Sinne der Endkunden?
Die Messstellenbetreiber sind zur Neutralität verpflichtet.
Stromanbieter sind vorrangig an Margen und Planbarkeit interessiert – zulasten der Endverbraucher.
Doch wer steht auf der Seite der Endkunden und macht das komplexe Wissen sowie die per Smart Metering erhobenen Daten in ihrem Sinne nutzbar?
Energieservice-Anbieter für Anschlussinhaber, euer Auftritt!
Der Gesetzgeber hat diese Herausforderung erkannt und stellt daher den Stromendkunden ab dem 1. April 2022 eine (zumindest auf dem Papier) neue Dienstleister-Rolle zur Seite: den Energieservice-Anbieter für Anschlussinhaber, kurz ESA.
Ein ESA wird vom Endkunden beauftragt und bezahlt, steht also in der Pflicht, in dessen Sinne zu handeln.
Langfristig werden sich dabei zwei unterschiedliche Ansätze herauskristallisieren – vielleicht am ehesten zu vergleichen mit unabhängigen Vermögensberatern und jenen, die bei einer Bank oder anderen Finanzinstitution angestellt sind. So werden Stromanbieter als diejenigen, die mit den Endkunden ohnehin bereits in Kontakt stehen, ESA in ihr Portfolio integrieren – mit einem Fokus auf den Stromprodukten aus dem eigenen Haus. Daneben werden sich unabhängige Unternehmen etablieren, die ausschließlich als ESAs agieren.
Beides kann seine Vor- und Nachteile haben. Aber das wird erst die zukünftige Entwicklung zeigen.
Was genau soll ein ESA leisten?
Der Gesetzgeber hat das Korsett für diese neue Energiemarktrolle (noch) nicht allzu eng geschnürt. Grund dafür ist – neben fehlenden Erfahrungswerten mit der Rolle selbst –, dass sich Smart Metering noch in der Anfangsphase befindet und sich daher das Potenzial der so erfassten Daten (aber auch die damit verbundenen Herausforderungen) noch nicht vollständig abschätzen lässt.
Es wird also Aufgabe der ersten Generation von ESAs sein, dieses Potenzial (auch jenseits des Kerngeschäfts) auszuloten sowie die Rolle genauer zu definieren und mit Leben zu füllen. Doch im Kern lässt sich die Aufgabe so umreißen:
Ein ESA …
agiert als Energieberater des Kunden;
überwacht und analysiert dessen Stromverbrauch;
spürt Einspar- sowie weitere Nutzungspotenziale auf;
hilft bei der Auswahl des richtigen Stromprodukts für das Verbrauchsprofil.
Voraussetzung für die effektive Arbeit eines ESAs sind die per Smart Metering erfassten Daten: Über das Smart Meter Gateway ruft der Dienstleister dann beim Messstellenbetreiber alles ab, was er für seine Arbeit benötigt.
STROMDAO als ESA: Willkommen in der Casa Corrently!
Moment, gibt es solche Angebote nicht bereits auf dem Markt? Einige unserer Kunden werden fragen: Bietet ihr uns eine solche Dienstleistung nicht schon an?
Die kurze Antwort: Ja!
Das Konzept, Daten zum Stromverbrauch per Smart Metering zu erfassen, aufzubereiten und so zur transparenten Basis von Entscheidungen zu machen, ist die tief in die DNA von STROMDAO eingeschrieben. Genau genommen nahm das Unternehmen so seinen Anfang: Thorsten Zoerner, Gründer und CTO von STROMDAO, installierte bereits beim Bau seines Hauses einen Smart Meter. Die so gewonnenen Erkenntnisse legten den Grundstein für unser heutiges Geschäft.
Entsprechend sind wir nicht nur Stromanbieter, sondern waren auch die treibende Kraft hinter Casa Corrently: In Kooperation mit der Opernikus GmbH sowie der OpenEMS Association e. V. entstand unter diesem Namen eine Plattform für ein kostentransparentes, einfach zu verstehendes Energiemanagement:
Eine Zahl für alle Daten: Investitionskosten, Abschreibungen, Einsparungen aus Eigenerzeugung und Einspeisevergütung werden einem Strompreis zusammengefasst.
Zu jeder Zeit: Ihr behaltet den Überblick über die täglichen, monatlichen und jährlichen Kosten der eigenen Stromversorgung – ohne unnötige Komplexität.
Individuelle Analysen und Prognosen: Für den praktischen Einsatz zu Hause oder im Unternehmen optimierte Auswertungen, Vergleiche und Prognosen geben Aufschluss und Entscheidungshilfen.
Open Source: Casa Corrently basiert auf OpenEMS und zählt mit über 50.000 Downloads zu den erfolgreichsten Energieprojekten.
Lokal oder in der Cloud einsetzbar
Kurz: Casa Corrently ermöglicht Unternehmen ebenso wie Privathaushalten eine ganzheitliche Betrachtung der gesamten Stromkosten, und bereitet so den Weg für die persönliche Energiewende. Und das ist die Grundlage dessen, was ein ESA bieten kann und soll.
Ausblick: Butter bei die Fische!
Wir haben also mit der Casa Corrently sowie unseren weiteren Services bereits ein ESA-Portfolio am Start. Doch unsere Kunden sind sehr heterogen: Gerade im Bereich der kleinen und mittelständischen Unternehmen sehen wir uns ganz unterschiedlichen Aufgabenstellungen gegenüber.
Entsprechend ist viel individuelle Betreuung und „Handarbeit“ gefragt. Mit der Installation eines Smart Meters und der Einrichtung von Casa Corrently ist es nicht getan. Wir müssen uns mit dem Geschäft und den operativen Abläufen unserer Kunden auseinandersetzen, das individuelle Verbrauchs- und Anforderungsprofil erstellen und dann die geeigneten Lösungen finden.
Wie das genau aussieht? Das stellen wir euch in den nächsten Teilen dieser Artikelserie am Beispiel von zwei sehr unterschiedlichen Unternehmen vor.
Ein größeres Recycling-Unternehmen mit mehreren Standorten und entsprechendem Maschinenpark hat notwendig einen hohen Stromverbrauch und profitiert daher von einem effektiven Energiemanagement – das liegt auf der Hand.
Doch hättet ihr gedacht, dass Energie auch dort ein wichtiges Thema ist, wo Köche Löffel und Messer schwingen – in einem Catering-Unternehmen?
Im vierten Teil sind wir dann zu Besuch bei unserem CTO Thorsten Zoerner, der seit vielen Jahren die Energie in seinem Haushalt mittels Smart Metering überwacht und managt. An seinem Beispiel zeigen wir auf, was ESAs in naher Zukunft auch für Privathaushalte leisten können.
Und im letzten Teil stellen wir uns dann der Frage, welches Potenzial die per Smart Metering erfassten Daten noch bieten können – auch jenseits von Energieverbrauch und Stromtarif. Es zeichnen sich bereits jetzt Anwendungsszenarien ab, die Bereiche wie Unternehmens- oder Produktsicherheit, aber auch Resilienz berühren. Mit diesen Informationen wollen wir uns dann gemeinsam mit euch auf die Suche nach einer Vision für den ESA von morgen machen.
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